Swissman Xtreme für Reini Dirren

Nachdem Deborah und Heleen in den vergangenen Jahren die Herausforderung Swissman aus sich genommen hatten, war dieses Jahr Reini ready to rock. Der eindrückliche Bericht von Reini zu seinem Abenteuer Swissman:

 

"Tagwache um 2.30 Uhr. Frühstück, Wechselzone einrichten, in Ascona das Schiff besteigen.  Finstere Nacht, seit Tagen anhaltender Nordföhn, angenehme 19° und 250 Triathleten, dichtgedrängt auf dem Kahn: eine einmalige Atmosphäre! Gesprochen wird kaum was. Ob es die engen Neoprenhüllen sind oder die Nervosität, die uns die Sprache verschlägt: wer weiss…

 

Wir legen nach 20 Minuten zwischen den Brissago-Inseln an und begeben uns ins pechschwarze, aufgewühlte Nass. Kuhglocken läuten zum Start. Sobald wir den Windschatten der Inseln verlassen haben, schlägt uns die volle Wucht der Wellen entgegen. Für mich sind die Bedingungen grenzwertig, ich kämpfe im Überlebensmodus gegen die Wellen, schlucke Wasser, bekomme Schläge von verzweifelt strampelnden Mitstreitern: Xtreme Triathlon!

 

Die zweite Hälfte der Schwimmstreck ist dann ruhiger. Dennoch steige ich erst nach 1Std.35’ aus dem Wasser: mehr als 20’ später als geplant. Zu meinem Erstaunen stehen aber noch sehr viele Räder in der Wechselzone: andere leiden auch!

 

Nach einem verwinkelten Beginn mit dem Rad, wo ich auch noch von einem Streckenposten fehlgeleitet werde, geht’s die Leventina rauf. Die ersten 85km bis Airolo sind knallhart: permanenter, zum Teil heftiger Gegenwind machen die Anfahrt zu den Pässen zu einem Kampf und Krampf. Und auch auf dem Kopfsteinpflaster der Tremola ist der Wind ein hartnäckiger Gegner.

 

Gotthard, Hospental, Realp - dann beginnt der lange Aufstieg auf die Furka. Ich weiss nicht, wie oft ich diesen Pass schon hochgefahren bin, aber so traurig ist es mir noch nie ergangen: ich drücke trotz aller Anstrengung massiv weniger Watt als geplant, mir ist übel, nichts geht mehr!  Völlig unerwartet fange ich eine gewaltige Krise ein. Endlos erscheint mir der Aufstieg, keinen roten Jimmy hätte ich zu diesem Zeitpunkt mehr auf mich gewettet!

 

Endlich oben angekommen nimmt mich mein geniales Betreuerteam in Empfang: Michaela und Peter, verstärkt von meiner Schwester Christine. In ihren Augen lese ich blankes Entsetzen: wahrscheinlich sehe ich so aus, wie ich mich fühle…aber mein Team ist so rücksichtsvoll (oder schockiert???), mich hier nicht zu fotografieren. Viel zu früh muss ich auf Cola umstellen. Essen klappt kaum noch, Gels lösen Wiederwillen aus. Nach und nach fange ich mich trotzdem wieder ein wenig und nutze die Abfahrt zum Erholen. Und tatsächlich, rauf auf die Grimsel geht es wieder gar nicht so schlecht!

 

Die Abfahrt nach Innertkirchen und die 20km flach zur Wechselzone am Brienzersee laufen gut. Peter wird mich die 33km bis Grindelwald auf dem Bike begleiten. Der Lauf startet mit einer steilen, 2km langen Rampe zu den eindrücklichen Giessbachfällen. Dann folgt ein ständiges Auf und Ab, immer mit herrlichem Blick über den Brienzersee. Seit Anfang April konnte ich wegen Knieproblemen kaum noch Lauftrainings absolvieren, aber selbst bergab geht es nun schmerzfrei und gut: Zuversicht und Freude sind zurück!

Ab Bönigen wird die Strecke flach. In der prallen Sonne geht es weiter Richtung Wilderswil. Es geht weiter??? Leider nicht bei mir! Es geht plötzlich überhaupt nichts mehr! Ich falle in den Schritt, setzte mühsam ein Bein vors andere. Trotz 30° habe ich Schüttelfrost, kann kaum klar denken, vergiss denn vernünftig laufen! Krise 2.0, noch viel heftiger als auf der Furka: Xtreme Triathlon!

 

Nach einer längeren Verpflegungspause in Wilderswil «wandere» ich weiter. Mir wird bewusst, dass ich so nirgendwo ankommen werde. Das 15km entfernte Grindelwald erscheint mir unerreichbar, die Scheidegg auf einem andern Planten. Aber der Kopf ist nun der Chef, der Körper hat und gibt sich Mühe, die zaghaften Befehle umzusetzen. Irgendwann wird es wieder etwas besser, in den flachen Teilen kann ich endlich wieder joggen: die Hoffnung ist erneut zurück!

 

Um 21Uhr treffe ich in Grindelwald ein, eine Stunde vor cut-off. Peter wechselt vom Bike auf die Laufschuhe und wird mich auf die Scheidegg begleiten. So unmöglich mir das Unterfangen die letzten Stunden erschien, so zuversichtlich und voller Energie starte ich nun die letzten knapp 10km und 1100Hm. Das Gelände ist extrem steil, aber ich kann in zügigem Schritt durchziehen. Der Sonnenuntergang hüllt die Eigernordwand in strahlend rotes Licht: wäre doch schade gewesen, früher hier durchzulaufen…

In finsterer Nacht gestartet, in finsterer Nacht bewegt sich nun eine Kolonne mit Stirnlampen bewehrt zum Ziel hin. Gratzug, Hühnerhautatmosphäre und ein emotionaler Zieleinlauf kurz nach 23 Uhr, 18 Stunden nach dem Start unter den Palmen von Ascona: Xtreme Triathlon!"

 

Merci Reini für die tollen Emotionen. Mitfiebern pur!

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