
Thuner und Wahl-Walliser - der Liebe wegen,
ein international erfolgreicher Langdistanz-Duathlet, gegenwärtig auf Platz 7 der Weltrangliste
bestes Schweizer AK-Resultat am Ironman Thun 2024 - also ganz klar auch mit Triathlon Potenzial.
Coach und Ernährungsberater mit grosser Leidenschaft zu gutem Café
Wir durften Michael Pfanner 10 Fragen stellen.
1. Welches ist die schönste Lauf-/Radstrecke im Wallis?
Ich muss vielleicht kurz etwas ausholen: Meine Frau ist Walliserin und hat auf dem Rosswald ein Chalet, in welchem wir sehr viel Zeit verbringen. Insofern schätze ich diese Gegend sehr. Gerade wenn es um bergige Laufstrecken geht, ist die Route von Brig via Ried-Brig über den 36er-Weg auf den Rosswald sehr cool.
Für Radeinheiten finde ich die Strecke von Sierre via Varen, Leukerbad entlang der Südrampe sehr schön. Und auf der gegenüberliegenden Talseite natürlich der Aufstieg auf die Moosalp. Entsprechend schwierig finde ich es, sich nur auf eine schöne Route zu beschränken.
2. Welches ist deine Lieblingsdisziplin?
Das ändert sich lustigerweise immer wieder und hängt auch etwas von der Phase ab. Im Herbst ist es ganz klar das Laufen, im Frühjahr eher das Rad. Was ich mit Sicherheit sagen kann: Schwimmen ist es nach wie vor nicht – obwohl ich die Effekte dieser Disziplin sehr schätze.
3. Viele fragen sich: Was ist wirklich härter – Triathlon oder Duathlon?
Ich denke, das kann man nicht pauschal sagen. Es kommt sehr auf die Strecke und die klimatischen Bedingungen an. Wenn ich jetzt aber die beiden Langdistanzen in der Schweiz, den Ironman Thun (Triathlon) und den Powerman Zofingen (Duathlon) miteinander vergleiche, würde ich eher zu Zofingen tendieren. Ich kam an keinem anderen Wettkampf so an meine physischen und mentalen Grenzen wie dort. Was den Duathlon vor allem für Einsteiger sehr hart macht, ist der sehr schnelle erste Lauf mit dem darauffolgenden Wechsel auf das Bike. Man kann das aber gut trainieren. Wichtig ist aus meiner Sicht zu verstehen, dass Triathlon und Duathlon zwar miteinander verwandt, aber trotzdem unterschiedliche Sportarten sind.
4. Wie sieht dein typischer Trainingsalltag aus?
Das ist stark abhängig von der jeweiligen Phase. Grundsätzlich jedoch sind es zwei Einheiten am Tag. Die erste absolviere ich nach einem ersten Arbeitsblock im Verlauf des Morgens. Danach bin ich wieder 4-5 Stunden am Arbeiten, bevor es dann am Nachmittag an die zweite Einheit geht. Damit die Trainings jedoch den gewünschten Effekt haben, muss die Verpflegung darauf abgestimmt sein. Deswegen plane ich auch dafür immer etwas an Zeit mit ein. An sehr intensiven Tagen versuche ich mir ab und zu auch mal eine Siesta zu gönnen.
5. Wie gestaltest du dein Trainingsjahr – mit Off- und On-Seasons?
Jeder ambitionierte Athlet kennt das: Nach einer gewissen Trainingszeit sind nicht nur die körperlichen, sondern auch die mentalen Batterien leer. Eine trainingsfreie oder zumindest völlig planfreie Zeit von mindestens drei Wochen im Jahr finde ich essenziell und empfehle ich auch meinen Athleten. Bei den meisten findet diese Offseason im Spätherbst statt. In dieser Phase versuche auch ich mich möglichst vom Triathlon und Duathlon zu lösen.
Persönlich strukturiere ich das Jahr in Abschnitte und setze dabei die Hauptwettkämpfe ins Zentrum. Nach einem Wettkampf merke ich es vor allem mental sehr schnell, ob mir eine Pause bzw. unstrukturierte Zeit guttut oder ob ich planmässig weitermachen kann. Insofern kam es auch schon vor, dass eine Mini-Offseason mitten in der Saison stattfand.
Die Kunst ist es, nicht bei jedem Training und Wettkampf mit dem Messer zwischen den Zähnen ans Werk zu gehen, sondern sich gut zu überlegen, bei welchen Einheiten ich wirklich auch ans Limit gehen muss. Das bringt eine extreme Ruhe mit sich und entspannt auf allen Ebenen. Die Erfahrung damit zeigt mir auch, dass ich die Saison so kontrollierter gestalten kann und nicht in die Gefahr laufe auszubrennen und zu einer ungewollten Offseason gezwungen werde.
6. Welche speziellen Trainingsinhalte legst du im Duathlon-Fokus?
Der Duathlon bei der Elite bringt eine unglaublich intensive Dynamik mit sich, welcher man sich anpassen muss. Ein konstantes Laufen oder Fahren ist auch auf einer Mittel- oder Langdistanz fast nicht möglich, da es permanent Attacken gibt. Diese Dynamik muss man auch in einzelnen Trainings gezielt integrieren. Zudem gilt es gleichermassen schnell wie auch ausdauernd zu sein: Ein hoher Grundspeed im ersten Lauf und ein langer Atem im zweiten Lauf.
In der unmittelbaren Vorbereitung absolviere ich beispielsweise nach einem Lauf teilweise direkt gekoppelte All-Out-Blöcke auf dem Rad. Oder umgekehrt auch sehr harte Lauf-Intervalle nach einer Vorbelastung auf dem Bike.
Über all dem steht jedoch, so langweilig es klingen mag, eine gut ausgeprägte Grundlagenausdauer.
7. Was sind die mentalen Herausforderungen beim Wechsel von Laufen zu Radfahren und umgekehrt?
Die grosse Herausforderung ist sicher, dass du im ersten Lauf das Limit suchst und bis zur Wechselzone voll durchziehst. Dabei gilt es, die nachfolgende Disziplin auch etwas auszublenden. An guten Tagen versuche ich jeweils mit einer langgezogenen Tempoerhöhung vor dem Wechsel den Druck auf die Gegner zu erhöhen. Es braucht zudem eine sehr hohe Konzentration beim Wechsel, da man diesen meist total am Limit absolviert.
Ich glaube die Kunst ist es, immer zu 100% im Moment zu sein und trotzdem die nächsten Schritte zu antizipieren.
8. Welche Verbindung hast du zum Oberwallis und was bedeutet die Region für dich?
Durch meine Frau und ihre Familie fühle ich mich stark mit dem Wallis verbunden. Insbesondere der Rosswald, ist sowas wie eine zweite Heimat für mich geworden. Für mich bedeutet die Region Familie, Genuss und vor allem Ruhe.
9. Was sind deine größten sportlichen Erfolge und Erfahrungen, auf die du stolz bist?
Dass ich Mitglied der Duathlon-Nationalmannschaft bin, ist für mich bereits eine sehr grosse Ehre. In den vergangenen Jahren durfte ich mehrere Podestplätze bei der Elite an Schweizermeisterschaften feiern. International sind es sicher die zwei Top10-Plätze an der Mitteldistanz Europameisterschaft und der Langdistanz Weltmeisterschaft bei der Elite, für welche ich sehr dankbar bin. Im Triathlon sind es der Gesamtsieg an der Mitteldistanz Würzburg sowie der 8. Platz beim Allgäu-Triathlon.
Mit jedem Rennen gewinnt man wieder neue Erfahrungen dazu. Und spannenderweise sind es vor allem die «Niederlagen», welche einen vorwärtsbringen. Ein Beispiel: Der Ironman Thun misslang mir von A bis Z und endete mit einer grossen Enttäuschung. Trotzdem ist es der Wettkampf, von welchem ich dieses Jahr am meisten mitnehmen konnte, und mir ein enormer Lerneffekt brachte.
10. Was sind deine nächsten sportlichen Ziele und worauf freust du dich am meisten?
Auf jeden Fall werden im nächsten Jahr die beiden Weltmeisterschaften über die Mittel- und Langdistanz im Duathlon wieder wichtige Fixpunkte darstellen.
Des Weiteren möchte ich sicher noch eine Triathlon-Langdistanz unter 8:30 Stunden ins Ziel bringen. Allerdings zieht es mich hier eher in Richtung Triathlon Veranstaltungen ohne Label. Deswegen wird man mich im nächsten Jahr wohl nicht mehr an Veranstaltungen wie Ironman und Challenge sehen. Je nachdem wie sich mein Schwimmen weiterentwickelt, versuche ich es allenfalls noch mit einer Profi-Lizenz.
Aber ganz ehrlich: Am meisten freue ich mich auch künftig auf die Erlebnisse, Emotionen und Erfahrungen an Wettkämpfen.
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Triathlete_Explorer (Donnerstag, 17 Oktober 2024 09:10)
Ein absolut inspirierender Artikel! Mich hat besonders beeindruckt, wie Michael Pfanner den Spagat zwischen Triathlon und Duathlon meistert. Die Einblicke in sein Training und seine mentalen Strategien sind super wertvoll – das nehme ich mir definitiv für meine eigene Vorbereitung zu Herzen. Danke für die motivierende Lektüre!
Bergziege84 (Donnerstag, 17 Oktober 2024 10:07)
Eine schöne Geschichte! Als Hobbyläuferin hat mich die Beschreibung der Strecken in dieser Region richtig inspiriert. Seine Disziplin und Leidenschaft sind einfach bewundernswert. Weiter so!